Du kannst nicht alles tun, was die Welt braucht, aber die Welt braucht all das Gute, was Du tust. Ich sprech' mir aus der Seele. Punkt.

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Freitag, 6. Juli 2012

WACHT AUF!

                                                         Hauswand in Meißen Sachsen


Wacht auf!

Wacht auf, - denn eure Träume sind schlecht!

Bleibt wach, - weil das Entsetzliche näher kommt.


Auch zu dir kommt es, der weit entfernt wohnt

von den Stätten, wo Blut vergossen wird,

auch zu dir und deinem Nachmittagsschlaf,

worin du ungern gestört wirst.

Wenn es heute nicht kommt, kommt es morgen,

aber sei gewiß.


"Oh, angenehmer Schlaf

auf dem Kissen mit roten Blumen,

einem Weihnachtsgeschenk von Anita, woran sie drei Wochen gestickt hat,

oh, angenehmer Schlaf,

wenn der Braten fett war und das Gemüse zart.

Man denkt im Einschlummern an die Wochenschau von gestern abend:

Osterlämmer, erwachende Natur, Eröffnung der Spielbank in Baden-Baden,

Cambridge siegte gegen Oxford mit zweieinhalb Längen, -

das genügt, das Gehirn zu beschäftigen.


Oh, diese weichen Kissen, Daunen aus erster Wahl!

Auf ihm vergißt man das Ärgerliche der Welt, jene Nachricht zum Beispiel:

Die wegen Abtreibung Angeklagte sagte zu ihrer Verteidigung:

Die Frau, Mutter von sieben Kindern, kam zu mir mit einem Säugling,

für den sie keine Windeln hatte und der

in Zeitungspapier gewickelt war.

Nun, das sind Angelegenheiten des Gerichtes, nicht unsre.

Man kann dagegen nichts tun, wenn einer etwas härter liegt als der andre.

Und was kommen mag, unsere Enkel mögen es ausfechten."

Ach, du schläfst schon? Wache gut auf, mein Freund!

Schon läuft der Strom in den Umzäunungen, und die Posten sind aufgestellt.



Nein, schlaft nicht, während die Ordner der Welt geschäftig sind!

Seid mißtrauisch gegen ihre Macht, die sie vorgeben für

euch erwerben zu müssen.

Wacht darüber, daß eure Herzen nicht leer sind, wenn mit

der Leere eurer Herzen gerechnet wird!

Tut das Unnütze, singt die Lieder, die man aus eurem Mund nicht erwartet!

Seid unbequem, seid Sand, nicht das Öl im Getriebe der Welt!



Günter Eich

1 Kommentar:

  1. passt zwar nicht Ganzzz, aber immer wieder schön .. "Denn ein Traum ist alles Sein und die Träume selbst sind Traum"

    rebelische Grüße
    Otto der Wilde

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